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Bedeutung von Citicolin bei der Glaukomerkrankung

Welches sind eigentlich die häufigsten Augenerkrankungen und welche Rolle kann der Nährstoff Citicolin in Zukunft bei Grünem Star (Glaukom) spielen?

 

Welches sind die häufigsten Augenerkrankungen?

 

Altersbedingte Makuladegeneration, auch als AMD bezeichnet

Die Makula beschreibt den Punkt des schärfsten Sehens in unserem Auge, also in der Netzhaut. Zu einer Degeneration kann es bei fortschreitendem Alter durch das Absterben von Netzhautzellen kommen, was dazu führt, dass man im Zentrum des Sehens nur noch einen grauen Schleier sieht und mit der Zeit nur noch nach außen hin im Gesichtsfeld seine Umwelt wahrnehmen kann. Das hat wiederum Auswirkungen auf die Sehschärfe insgesamt und die Wahrnehmung von Farben und Kontrasten. Für die häufigere, trockene Form der AMD gibt es noch keine effiziente Behandlung, während für die feuchte Form durch wirksame Medikamente wie sog. VEGF-Hemmer (zugelassen sind die Wirkstoffe Aflibercept, Brolucizumab und Ranibizumab) zumindest eine Verlangsamung des Fortschreitens erreicht werden kann. Die zum Teil auch angewendete Lasertherapie ist weniger wirksam.

Die trockene Form der AMD entwickelt sich deutlich langsamer als die feuchte Form und führt seltener zu Seheinschränkungen. Die feuchte Form kann sich aber auch aus der trockenen Form heraus entwickeln.

Die altersabhängige Makuladegeneration ist eine Stoffwechselerkrankung, bei der in der Netzhaut Abfallprodukte gebildet werden, die normalerweise vom Körper abgebaut werden können. Es können sich jedoch auch kleine Ablagerungen bilden, sogenannte Drusen, die eine ordnungsgemäße Versorgung der Netzhaut beeinträchtigen.

Raucher erkranken im Durchschnitt häufiger und früher als Nichtraucher. Die Häufigkeit beträgt etwa 1% in der Altersgruppe zwischen 65 und 75 Jahren, aber in der Altersgruppe über 85 Jahre betrifft es bereits ca. 10% bis 20%. Die Geschwindigkeit der Entwicklung der AMD hängt stark davon ab, wie groß die Ablagerungen in der Netzhaut sind.

Anders als beim Glaukom führt die AMD nicht zu einer vollständigen Erblindung. Eine Orientierung ist selbst bei schweren Formen noch möglich. Dennoch kann bei sehr starker Sehbehinderung Anspruch auf Blindengeld bestehen.

Nahrungsergänzungsmittel mit Beta-Carotin, Lutein, Zeaxanthin, Ginkgo biloba, Vitaminen, Zink, Omega-3-Fettsäuren werden als Vorbeugemittel bei AMD beworben, jedoch reichen die diesbezüglichen Belege aus wissenschaftlicher Sicht bisher nicht aus, um damit erfolgreiche Prophylaxe zu betreiben. Allerdings gibt es seriöse Hinweise darauf, dass bestimmte Nahrungsergänzungsmittel mit einer Kombination aus Vitamin C (500 mg), Vitamin E (400 I.E.), Zink (80 mg), Kupfer (2 mg), Lutein (10 mg) mit Zeaxanthin (2 mg) oder Beta-Carotin (15 mg) bei Menschen mit größeren Ablagerungen das weitere Fortschreiten der AMD verlangsamen können und dadurch auch Sehbehinderungen verringert werden können. Entsprechende Studien haben gezeigt, dass diese Vorteile bei Menschen beobachtet wurden, die die Kombination 6 Jahre lang täglich verzehrt haben. Hier sollte jedoch auf jeden Fall ein Arzt oder eine Ärztin hinzugezogen werden, um die Effizienz dieser Maßnahmen zu begleiten.

Grüner Star (Glaukom)

Das Glaukom ist laut WHO nach dem Katarakt (Grauer Star) die zweithäufigste Ursache für eine Erblindung, da es zu einer permanenten Schädigung der Sehnerven kommen kann. Hauptverantwortlich für das Entstehen ist ein dauerhaft erhöhter Augeninnendruck (> 21 mm Hg), der dazu führt, dass der Sehnervkopf abgedrückt wird und damit die Nährstoffversorgung der Nerven erheblich beeinträchtigt wird, was schließlich zum Absterben der Nervenfasern führt. Der Patient leidet darunter, dass das Gesichtsfeld (Blickfeld) immer größere Lücken aufweist und daher eingeschränkt ist.

Wenn man es durch entsprechende regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen schafft, frühzeitig einen erhöhten Augeninnendruck zu erkennen, bestehen gute Behandlungschancen, den Fortschritt der Glaukomerkrankung aufzuhalten. Eine Heilung ist jedoch nicht möglich, da entstandene Schäden am Sehnerv nicht wieder rückgängig gemacht werden können.

Die mit Abstand häufigste Glaukomerkrankung ist das sog. primäre Offenwinkel- oder Weitwinkelglaukom. Weltweit sind hiervon zur Zeit ca. 70 Millionen Menschen betroffen, in Deutschland ca. 1 Million.

Zur Behandlung des Grünen Stars werden zumeist Augentropfen zur Senkung des Augeninnendrucks angewendet, die Betablocker, Prostaglandine, Alpha-Agonisten, Carbanhydrasehemmer und/oder Cholinergika einzeln oder in Kombination enthalten. Neben der medikamentösen Behandlung ist auch eine Laserbehandlung oder eine Operation (Trabulektomie) möglich.

Nahrungsergänzungsmittel und/oder Nährstoffe zum Diätmanagement mit Citicolin, das auch in der Apotheke gekauft werden kann, haben in den letzten Jahren in dem Maße an Bedeutung gewonnen, wie auch neuroprotektive Wirkmechanismen zusätzlich zu der etablierten Senkung des Augeninnendrucks in der Wissenschaft diskutiert werden. Dies ist nachvollziehbar, da auch nach Senkung des Augeninnendrucks die Glaukomerkrankung fortschreiten kann. Man spricht dann auch von Normaldruckglaukom. Hier sind insbesondere mit Citicolin, auch CDP-Cholin genannt, interessante Erkenntnisse gewonnen worden (siehe weiter unten: Welche neuen Erkenntnisse gibt es zu Citicolin zur Verbesserung des Sichtfeldes bei Glaukomerkrankungen?).

Kommt Grüner Star nur bei älteren Menschen vor?

Auch bei Kindern kann ein Glaukom auftreten, in den meisten Fällen ist es angeboren. Auch hier führt ein Stau von Kammerwasser im Augeninneren zu einem erhöhten Augeninendruck. Es ist wichtig, das angeborene Glaukom frühzeitig zu erkennen. Spezialisten sind zum Beispiel an der Universitätsaugenklinik in Magdeburg tätig, wo seit 2014 ein Kinder-Glaukom-Zentrum offiziell eröffnet wurde.

Wie beeinträchtigt Grüner Star die Lebensqualität?

Das Problem ist, dass die Diagnose oft spät gestellt wird, weil das Glaukom über längere Zeit noch keine Beschwerden verursacht. Beginnende Syptome sind eine Einengung des Gesichtsfeldes von außen, aber auch Ausfälle zur Blickmitte hin. Der erhöhte Augeninnendruck wird selbst bei höheren Werten längere Zeit nicht bemerkt, deshalb ist es wichtig, auch hier durch regelmäßige augenärztliche Kontrollen Vorsorge zu betreiben.

Wenn das Glaukom diagnostiziert ist und die Ausfälle im Gesichtsfeld größer werden, sinkt unmittelbar die Lebensqualität. Nah- und Fernsicht werden beeinträchtigt, Schmerzen treten auf, die Fahrtüchtigkeit lässt nach sowie das Farbensehen ist vermindert. Besonders bei Ausfällen in der Mitte kommt es zu starken Behinderungen: Lesen oder Treppensteigen werden fast unmöglich. Zugleich steigt die Sturzgefahr und das Risiko, pflegebedürftig zu werden. Hinzu kommt die Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit durch Vereinsamung oder geringerer aktiver Teilhabe am Leben.

Warum sucht man neben der Senkung des Augeninnendrucks nach weiteren Therapiemöglichkeiten beim Glaukom?

Wie bereits gesagt, kann es trotz einer Senkung des Augeninnendrucks zum Fortschreiten der Glaukomerkrankung kommen. Deshalb hat man in der Vergangenheit auch nach neuroprotektiven Ansätzen gesucht, wobei Netzhaut und Sehnerv im Fokus standen. Leider hat sich hier in klinischen Studien kein signifikanter Fortschritt ergeben. Wenn man jedoch die neueren Erkenntnisse der letzten Jahre zur neuronalen Degeneration im Verlauf der gesamten Sehbahn und des Gehirns berücksichtigt, ergeben sich durchaus neue, vielversprechende Ansätze für neuroprotektive Therapien zur Ergänzung der etablierten Verfahren.

Welche neuen Erkenntnisse gibt es zu Citicolin zur Verbesserung des Sichtfeldes bei Glaukomerkrankungen?

Citicolin zählt zu den Nährstoffen, die als neuroprotektiv gelten. Es wird bereits seit fast 50 Jahren erforscht und wurde bisher im wesentlichen zur Verbesserung des Aufmerksamkeits- und Erinnerungsvermögens bei älteren Menschen eingesetzt. Aber es liegen inzwischen auch Studien mit jüngeren gesunden Probanden vor, die eine Verbesserung der Aufmerksamkeit und damit einhergehend eine größere mentale Leistungsfähigkeit erkennen ließen.

In einer 2021 veröffentlichten Übersichtsarbeit des ausgewiesenen Glaukomspezialisten Prof. Jünemann, dem ehemaligen Chefarzt der Rostocker Augenklinik, der jetzt in Erlangen tätig ist, wird nun die mögliche Bedeutung von Citicolin als ergänzende Behandlung der Glaukomerkrankung anhand von 11 klinischen Studien abgehandelt. In den verschiedenen Studien wurde Citicolin sowohl oral als auch intramuskulär oder lokal als Augentropfen gegeben. Als am besten für die Anwendung geeignet wird von den Autoren das oral gegebene Citicolin angesehen, weil hier die Aufnahme vom Körper am besten zu sein scheint (Bioverfügbarkeit) und gleichzeitig keine Belastungen bei der Anwendungsart entstehen.

Beispielhaft sollen hier zwei Studien näher beschrieben werden: es handelte sich bei der ersten um eine sogenannte Cross-over-Studie. Die insgesamt 109 Teilnehmer mit Offenwinkelglaukom wurden entweder zunächst 4 Monate lang zusätzlich zu ihren verordneten Augentropfen zur Senkung des Augeninnendrucks täglich mit 500 mg Citicolin (in Kombination mit Homotaurin und Vitamin E) und anschließend nur mit ihren Augentropfen behandelt. In einer zweiten Gruppe wurde der Wechsel der Therapie umgekehrt durchgeführt: zunächst 4 Monate nur Augentropfen, anschließend 4 Monate in Kombination mit dem Citicolinpräparat oral. Anhand der regelmäßig erhobenen Endpunkte (SPARCS = Spaeth-Richman-Contrast-Sensitivity-Test) und GQL-15 (einer Lebensqualitätsskala für Glaukompatienten) konnte der neuroprotektive Effekt von Citicolin durch verbesserte Parameter in den Citicolingruppen signifikant belegt werden. Die mittlere Glaukomdauer lag bei 7 Jahren und der mittlere, medikamentös eingestellte Augeninnendruck bei 16 mm Hg.

Bei der zweiten Studie handelte es sich um eine doppelblinde, placebokontrollierte Studie, die über einen Zeitraum von 3 Jahren durchgeführt wurde. Hier wurde Citicolin 3x täglich als Augentropfen appliziert. Es waren insgesamt 80 Patienten beteiligt. Mit den Endpunkten Perimetrie und optischer Kohärenztomographie (OCT) konnte auch hier gezeigt werden, dass trotz eines schon erreichten Augeninnendrucks von <18 mm Hg Citicolin die weitere Progression der Glaukomerkrankung verlangsamt werden könnte. Die Autoren geben allerdings selbst zu, dass die Patientenzahl zu gering war, um wirklich mit statistischer Sicherheit eine signifikante Wirksamkeit zu belegen. Insofern ist diese Studie eher als Pilotstudie aufzufassen.

Insgesamt zeigten sich in der Gesamtschau aller 11 Studien positive Effekte von 500 bis 1000 mg Citicolin täglich in Bezug auf funktionelle und morphologische Parameter.

Nachdem die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bereits 2014 Citicolin im Dosierungsbereich bis 1000 mg als sicher und frei von Nebenwirkungen bewertet hat, hat die italienische Gesundheitsbehörde bereits eine Zulassung für Citicolin als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke als Adjuvans zur Anwendung bei Glaukompatienten zur Verbesserung des Blickfeldes erteilt. Aufgrund der positiven Sicherheitsbewertungen kann die Anwendung von Citicolin dauerhaft oder in periodischen Zyklen erfolgen. Ein positiver Nebeneffekt der Anwendung von Citicolin bei Glaukompatienten könnten sicherlich auch die gedächtnisfördernden Effekte sein, womit die Adhärenz (Treue, Compliance) zur Einnahme der Medikamente zur Reduzierung des Augeninnendrucks erhöht wird.

Weitere Studien mit größeren Patientenzahlen müssen folgen, um den Stellenwert von Citicolin bei Glaukomerkrankungen weiter zu beleuchten. Wir werden dieses Forschungsfeld weiter beobachten und informieren, sobald es wieder Neuigkeiten gibt.

Quellen:

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen IQWIQ (Juli 2019):
https://www.gesundheitsinformation.de

Jünemann AGM, Grieb P, Rejdak R, Bedeutung von Citicolin bei der Glaukomerkrankung, Ophthalmologe 118 (2021): 439-448

Rossetti L, Iester M, Tranchina L et al, Can treatment with citicoline eyedrops reduce progression in glaucoma? The results of a randomized placebo-controlled clinical trial, J Glaucoma 29 (2020): 513-520

Marino PF, Rossi GCM, Campagna G et al, Effects of citicoline, homotaurine, and vitamin E on contrast sensitivity and visual-related quality of life in patients with primary open-angle glaucoma: a preloiminary study, Molecules 25 (2020): 5614

Kindliches Glaukom: Universität Magdeburg https://www.kaug2.ovgu.de/